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24.12.2021 Kategorie: Gemeinde

Christvesper - Youtube Andacht

Von und mit Pfarrer Paul-Gerhard Feilcke und Kantorin Katrin Feichtinger zu Heiligabend

»GEBORGEN IN ZEITEN DES ÜBERGANGS. DER STALL ERZÄHLT.«

Die CHRISTVESPER zum Heiligen Abend 2021 von und mit Pfarrer Paul-Gerhard Feilcke steht Ihnen bei YouTube zur Verfügung:

Christvesper 2021 aus St. Georg zu Delligsen TEIL 1

Christvesper 2021 aus St. Georg zu Delligsen TEIL 2

Am Ende des Beitrags steht GOTTES WORT ZUR CHRISTVESPER 2021 zusätzlich als PDF Datei zur Verfügung.

Liebe Leserinnen & Leser,

in all dem Trubel und der Hektik dieser Tage, in all den Problemen und Sorgen, die viele Menschen derzeit in unserem Land haben, in all den Unsicherheiten und düsteren Prognosen für die kommende Zeit, die uns durch die Corona-Pandemie fast tagtäglich erreichen – in all diesem MÖCHTE ICH JETZT EINMAL ZU IHNEN SPRECHEN! JETZT SPRECHE ICH!  

Wer, fragen Sie sich vielleicht? Keiner von denen jedenfalls, die sie aus der Weihnachtsgeschichte auf Anhieb nennen würden. Nicht die Hirten, nicht die drei Weisen, nicht Maria, nicht Josef, nicht mal Ochs und Esel. 

Ich – ehrlich gesagt – ich habe den Überblick. Denn ich bedecke sie alle. Ich schütze sie alle. Ummantle sie. Wärme sie. Wind und Wetter bleiben draußen. Weil es mich gibt. Mich, den Stall!

Dabei werde ich im Lukasevangelium gar nicht erwähnt. Ja gewiss, es heißt dort: »sie fanden keinen Platz in der Herberge«. Das kennen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, aus der Weihnachtsgeschichte. Aber wohin ging es dann? Alle Krippenspiele führen Maria und Josef in den Stall und auf fast allen Gemälden von Jesu Geburt, komme ich vor. Windschief, brüchig, manchmal als Ruine oder sogar als Höhle, nie komfortabel, meist unsäglich. Aber wirklich erzählt hat man nicht von mir. Wie auch? Sollte es etwa heißen: Und sie gingen in einen kleinen, ärmlichen Stall- oder so? Keine Spur der Rede davon in der Bibel. 

Ich habe mich gefragt: Wie kommen die Menschen bis heute eigentlich auf den Stall? Konkret ist nur von einer Krippe die Rede. Einer Futterkrippe wohl. Und von Windeln, in die das Neugeborene gewickelt ist. 

Und so spielt sich wohl alles um diese Krippe ab. Hirten kommen mit fragenden Gesichtern und weise Männer aus dem Morgenland mit kostbaren Geschenken.  Engel sind da, die singen: »Ehre sei Gott in der Höhe« und sicher sind noch viele gekommen, von denen nichts erzählt wird. Die auch nicht der Rede wert sind und die doch eine große Rolle spielen. Wie ich eben: Der Stall. Ich bin es ja, der dem Ort des Geschehens eine Mitte gibt. Ich bin es ja, der die Krippe bereithält für das neugeborene Kind, der Tier und Mensch ein Zuhause gibt in dieser unwirtlichen, ungeschützten Situation. Ja, es ist ein kleines Zuhause, aber freilich: ein Zuhause im Übergang. 

Ich habe damals, in jener Heiligen Nacht, immer wieder in den nächtlichen Himmel geschaut und mich gefragt: Wie wird diese Geschichte mal weitergehen? Wie wird dieser Jesus später einmal leben? Was wird er sagen? Was wird er tun? Wird er einem Beruf nachgehen, eine Familie gründen und sein Auskommen haben? Oder wird im anderes wichtig sein …. Beispielsweise wie viele es in unserem jüdischen Volk tun, die alten Schriften zu studieren, über Gott nachzusinnen, Gottes Liebe anderen Menschen weiterzugeben. Wie wird dieser Jesus später einmal leben? Wird er umherziehen, einkehren für ein, zwei Nächte, wo er eingeladen wird und dann weiterziehen?  Oder werden ihn Mond und Sterne in den Nächten bescheinen, der staubige Boden sein Bett sein? Und was wird von seinem Leben bleiben? Wird er einfach im Strudel der Zeit und Geschichte wieder vergessen werden? Oder wird man sich an ihn auch noch lange Zeit nach seinem Leben erinnern?  

Ganz ehrlich, dieser dürftige, windschiefe Anfang hier, den ich ihn bieten kann, wird er sich in seinem Leben wiederholen? Auf der einen Seite tut es mir leid, dass ich diesem kleinen Jesuskind nicht mehr bieten kann, als dies alles hier, mich selbst als Stall. 

Und doch bin ich heute Nacht auch irgendwie ein bisschen stolz. Ich habe ihm sein erstes Zuhause geben können. Heute Nacht. In der Nacht aller Nächte, wie die Engel vorhin so schön gesungen haben. Gott selbst ist in diesem Kind unter den Menschen. Beim Gedanken daran schaue ich schaue hinunter auf dieses Kind und mir wird’s ganz warm ums Herz.  Es rührt mich an, dieses kleine Kind, wie es so daliegt, in Windeln gewickelt. Kaum, dass es die Augen öffnet. Es lächelt in sich hinein. Eigentlich ist es noch ganz weit weg. Gerade erst auf diese Welt gekommen. Mit einem ersten Atemzug, mit einem ersten Schrei hier angekommen. Schutzbedürftig noch lange Zeit. Und – ich frage mich, werden die Menschen dieses Kind unter sich dulden? Was passiert wohl, wenn es später im Leben einmal auf Ablehnung oder gar Feindschaft stößt? Gerade in dieser Welt, wo es so viele Krisen, Krankheiten, Kriege, Not und Elend gibt. Auch bei uns, nicht zuletzt durch das zweite Jahr in der Corona-Pandemie. Wie soll dieses Kind mit seiner Botschaft hier gut zu leben sein?

Doch Moment. Wenn ich mir die Frau, den Mann und das Kind so anschaue, dann sollte ich aufhören nur so traurig zu denken. Das Kind lächelt. Voller Freude, voller Hoffnung. Die ganze Szene stimmt mich trotz all meiner Sorgen und Probleme irgendwie froh. Ja, doch, ich werde gerade froh. Froh darüber, dass dieses Kind mit seiner Familie hier erst einmal ankommen kann. Dass es hier, bei mir, ein Zuhause gefunden hat und Liebe und Wärme. Dieses Kind, von dem – wie haben die Engel doch gleich noch mal vorhin gesungen – dieses Kind, dass der Heiland der Welt ist. 

Liebe Leute, Große und Kleine, Alte und Junge, Kranke und Gesunde, Fröhliche und Traurige: Ich bin zwar nur ein einfacher, brüchiger Stall. Doch ich habe heute Abend begriffen, worum es in dieser Heiligen Nacht geht: Tut es mir nach! Bietet diesem Kind, dem Heiland der Welt ein Zuhause an. Bietet ihm euer Herz an. Dass er einziehen kann bei Euch. Und ihr froh werdet, dieses Kind bei euch zu haben. Ich glaube jetzt fest, diese Heilige Nacht, sie wird immer wieder kommen. Sie ist uns von keinem anderen als Gott selbst geschenkt. Gott hält die Sehnsucht in uns wach und hilft uns, zu glauben, dass er bei uns ist, dass er an unserer Seite ist. Im Kleinen, Unscheinbaren und Verletzlichen. Ich glaube, dieses Kind, hier bei mir, im Stall, ist wirklich ein Gotteskind, dem zu trauen ist. Heute, aber auch morgen und alle Zeit.  

DER HEILAND IST GEBOREN. FREU DICH, DU CHRISTENHEIT. 

Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.  

Ihr Pfr. Paul-Gerhard Feilcke. 

Beitrag von Pfarrer Paul-Gerhard Feilcke